Geologische Risiken

In der Vergangenheit wurden bei der Erschließung geothermaler Quellen zum Teil sehr große Fehler gemacht. Ein sehr plakatives Beispiel stellt die Stadt Staufen im Breisgau dar. Hier wurden lediglich sieben Bohrungen in einer Tiefe von ca. 140m durchgeführt. Diese Tiefen werden heute gut beherrscht und entsprechende Erdwärmesonden für die Speisung von Wärmepumpen eingesetzt. Ihr Vorteil liegt in der weitgehenden Unabhängigkeit von klimatischen Schwankungen über die Tages- und Jahreszeiten und den damit verbundenen nahezu konstant kalkulierbaren Erträgen.

Das Beispiel der Stadt Staufen zeigt jedoch, dass eine geologische Voruntersuchung auch bei solchen „kleinen“ Geothermie-Projekten unabdingbar ist, denn die Bohrungen durchdringen verschiedene Erdschichten und berühren Grundwasserschichten. In Staufen sickerte unglücklicherweise infolge der Bohrung Grundwasser in eine Anhydrid-Schicht (Kalzium-Sulfat, CaSO4) ein. Dieses Material reagiert chemisch mit Wasser und bildet Gips. Eine Folge dieser Reaktion ist eine erhebliche Zunahme des Volumens! Durch den Druck, den diese Volumenzunahme auf das Erdreich verursachte, kam es an der Oberfläche zu Verwerfungen im großen Stil.

In der Schweiz bei Basel wurden kleinere Erdbeben einem Geothermie-Projekt zugeschrieben. Insgesamt werden solche Ereignisse zusätzlich zu den physisch entstandenen Schäden noch mit unangenehmen juristischen Nebenwirkungen begleitet, denn oft bleiben ungeklärte Haftungsfragen im Raum stehen: Wer trägt die Verantwortung? Wie hoch ist eine angemessene Entschädigung? - Nicht zuletzt deswegen wird Geothermie kritisch betrachtet, obgleich die Mehrzahl der Anlagen keine Beeinträchtigungen oder gar Störungen verursacht. Insbesondere sind Wärmepumpenprojekte wie in Staufen in aller Regen unauffällig.

Standort- und Fündigkeitsrisiko

Betrachtet man Geothermie auf der Kostenseite, dann sind es in erster Linie die erheblichen Planungs- und Erschließungskosten, die das Projekt belasten. Sie schlagen mit ca. 50% bis 70% zu Buche, je nachdem, wie rentabel die geothermale Quelle ist und wie schwierig sich die Bohrarbeiten erweisen. Erst nach den Probebohrungen kann überhaupt erkannt werden, ob der Standort geeignet und wirtschaftlich nutzbar ist. In sehr vielen Fällen müssen sie Erwartungen nach unten korrigiert werden. In einem solchen Fall spricht man von einer Teilfündigkeit.

Politische Risiken

Die Politik – das muss man aus der Sicht des Energietechnikers klar erkennen – gleicht einem wirtschaftlichen Minenfeld. Einerseits gibt es das EEG (korrekte Bezeichnung in Deutschland: „Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien“). In diesem werden unter anderem die Vergütungen für die Einspeisung und die Verpflichtung für die Abnahme des erzeugten elektrischen Stroms geregelt. Die Politik legt die gesetzlichen Rahmenbedingungen fest, an die sich auch die Energiewirtschaft zu halten hat. Allerdings ist die politische Interessenlage in permanenter Bewegung und von unvorhersehbaren globalen Ereignissen abhängig. Echte Planungssicherheit bieten Gesetze heute also nicht, auch wenn Gesetzesänderungen in der Regel mit Übergangsfristen verbunden sind.

Die Entscheider sind nur in seltenen Fällen tatsächlich auch Experten. Tatsächliche Experten sind dagegen die so genannten Berater, die ihrerseits meist Lobby-Gruppierungen vertreten und so die Politik nicht immer im Sinne des Umweltschutzes beeinflussen. Auch rechnen Volkswirte in anderen Bereichen wie Klimaschützer oder der „Häusle-Bauer“, der eine eigene Erdwärmesonde ins Erdreich einbringen möchte.

Ohne gesetzliche Rahmenbedingungen geht es jedoch in der Energietechnik nicht! Diese dienen dem Spagat zwischen dem technisch Machbaren, dem Schutz der Umwelt und auch wirtschaftlichen Interessen.

Umweltinteressen

Bei Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen lässt sich trefflich über das Ausmaß von Umweltbeeinträchtigungen streiten. Bei geothermischer Energienutzung sieht das jedoch vollkommen anders aus, wie die Beispiele in Basel und Staufen zeigten, wo sehr verschiedene Geothermie-Projekte umgesetzt wurden. In Basel handelte es sich um ein HDR-Projekt in einer Tiefe von mehr als 5000m. In Staufen wurden dagegen oberflächennahe Anlagen installiert. Auch die geologischen Folgen waren entsprechend verschieden. Während in Staufen die Einsickerung von Wasser in eine Kalzium-Sulfat-Schicht (CaSO4) – auch als Anhydrit bekannt – Verwerfungen an der Oberfläche auslöste, wurden in Basel kleine Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 3,4 auf der Richterskala mit dem Projekt in Verbindung gebracht. Man geht in Basel davon aus, das die Erdschichten bereits vor dem Projektbeginn kritisch gespannt waren. Durch Aufbrechen des Gesteins in tiefen Lagen kam es zu einer Freisetzung der in den Erdschichten gespeicherten Bruchenergie und damit zu den deutlich wahrnehmbaren Beben. Aus beiden Projekten wurde gelernt. Die Erfahrungen fließen in künftige Planungen mit ein.

Neben diesen mit den Bohrungen in Zusammenhang stehenden Komplikationen kann auch der Betrieb der Anlagen Umweltrisiken mit sich bringen, wenn mit kritischen Arbeitsmitteln gearbeitet wird. Unter dem Arbeitsmittel versteht man die Transportflüssigkeit (Ammoniak oder Pentan etc.), das in die Sonde eingebracht wird und in der Tiefe Wärme aufnimmt. Das Arbeitsmittel wird in der Regel das System nicht verlassen und die Umwelt nicht kontaminieren. Dennoch sind Leckagen nie 100% auszuschließen.

Interessen der Anlieger

In der Vergangenheit wurden Kraftwerke grundsätzlich über die Bedenken der betroffenen Menschen hinweg geplant und umgesetzt. Insbesondere haben Kernkraftwerke und Braunkohle-Tagebau-Abbaugebiete für Schlagzeilen gesorgt. Es handelte sich hier um Projekte mit sehr großen Investitionsvolumina für die Betreiber. Demonstrationen und ziviler Widerstand wurden oft mit staatlicher Gewalt begegnet, um die Planungen nicht zu gefährden, aber auch im die Versorgung des Landes mit Energie zu sichern.

Bei regenerativen Energietechnologien wendet sich das Blatt zunehmend. Die Bürger werden zunehmend kritischer und fordern detaillierte und glaubwürdige Informationen ein. Vor allem sind die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte als tiefes Misstrauen hängen geblieben. Jedes Projekt muss sich auch wirtschaftlich rechnen. Es geht also um Geld und auch um Profit. Unsitten der Vergangenheit und auch Medienberichte über o.g. Beispiele zu Bodenverwerfungen und Erdbeben tragen dazu bei, dass viele Menschen keine Geothermie-Anlage in der unmittelbaren Nachbarschaft haben wollen. Es kommt hier auf verschiedene wichtige Faktoren an:

Informationen sind das Wichtigste! Es müssen lückenlos nachvollziehbare Informationen zum Projekt angeboten werden, die jeder verstehen kann. Entscheidend ist, dass Vertrauen zwischen den Anliegern und dem Betreibern der Anlage geschaffen werden kann. Das bedeutet auch gleichzeitig, dass Bedenken ernst genommen werden müssen, auch wenn diese nicht selten jeder sachlichen und fachlichen Grundlage entbehren. Solche Situationen entstehen durch Fehlinformationen und zum Teil auch durch irreführende oder beschönigende Werbung. Details zu den hiesigen Bodenbeschaffenheiten sind ein unbedingtes MUSS, denn das zeigt, dass der Planungsingenieur seine Hausaufgaben gemacht hat und mit fundierten Daten arbeitet, die auch von anderer Seite verifizierbar sind.

Können die Anlieger von der Anlage partizipieren, beispielsweise in Form einer Rendite bringenden Beteiligung und durch eigene Nutzung der umweltfreundlichen Energie, dann werden potenzielle Gegner zu überzeugten Partnern. Auch hier ist jedoch Ehrlichkeit in der Argumentation gefordert.

Betroffene Anlieger können also zu einem wirtschaftlichen Risiko in der Realisierung eines Geothermie-Projektes werden. Sie können Projekte verzögern, wenn die Planungsphase nicht gewissenhaft durchgeführt und in einem Umweltverträglichkeitsverfahren Fehler gemacht wurden. Allerdings sind die Anlieger auch potenzielle Partner, die ein solches Projekt aktiv unterstützen und selbst davon profitieren können.

(rs/12-2015)