Besonders kritisch ist die Abweichung des realen Unfallgeschehens von den derzeit vorgeschriebenen Tests. So werden in der Regel nur Quetschtests durchgeführt, bei denen der Akku langsam mit einer definierten Kraft bis auf die Hälfte zusammengestaucht wird. Bei einem realen Unfall, beispielsweise bei dem Heckaufprall eines schweren Lkw auf ein leichtes Elektrofahrzeug, dominiert jedoch eine schlagartige Belastung mit einem hohen Impuls.

Wichtigste Forderung des VDE ist es, das mögliche Versagen einzelner elektronischer Bauteile zu berücksichtigen. In diesem Fall sollte die Batterie stets in einen sicheren Zustand übergehen. Wird die Batterie in einem solchen Moment gerade geladen, muss der Ladevorgang zuverlässig abgebrochen werden. Die ggf. dazu notwendige Software des Batterie-Managementsystems sollte ebenfalls stärker als bislang auf mögliche Fehler getestet werden. Die bislang gültigen Normen schreiben vor allem die Dokumentation der Software-Entwicklung vor, nicht aber in ausreichendem Maße deren Prüfung.

Für nicht ausreichend halten die Experten des VDE außerdem die bisherigen Standards für das Hochvolt-Bordnetz. Die Antriebskomponenten eines Elektrofahrzeugs arbeiten mit Spannungen von teilweise mehr als 800 Volt. Nach einem Unfall muss absolut sicher gestellt sein, dass diese Komponenten spannungsfrei sind und auch bei starker Deformation keine ungewollten Entladeströme über die Karosserie abfließen. Dies würde die Mitarbeiter von Feuerwehr und Rettungsdienst gefährden. Die existierende Regelung UN ECE-R100 schreibt zwar Mindeststandards vor, berücksichtigt aber wiederum die realen Verhältnisse im Straßenverkehr nicht hinreichend. So wird z. B. eine trockene, nicht eine verschmutzte und feuchte Karosserie auf ihre elektrische Leitfähigkeit und Ableitwiderstände hin untersucht.

Es existieren keine ausreichenden und transparenten Regeln für Fahrräder mit elektrischem Hilfsantrieb (Pedelecs). Nach Schätzungen des VDE werden 95 Prozent aller Pedelecs ohne jede Sicherheitsüberprüfung verkauft. Besonders kritisch ist das Ladegerät: Es muss Überladungen zuverlässig verhindern, damit die Batterie nicht überhitzt. Im Gegensatz zu den wettergeschützten Ladesäulen für Elektrofahrzeuge sind die Ladegeräte für Pedelecs oft nur für den Betrieb in Gebäuden ausgelegt. Werden sie dennoch im Freien genutzt, muss ein sicherer Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit gegeben sein. Die Batterien von Pedelecs sind trotz ihrer geringeren Größe und ihres geringeren Energieinhaltes sicherheitskritische Komponenten. Zu berücksichtigen ist unter anderem, dass Fahrräder oft dicht beieinander in Hausfluren und Kellerräumen abgestellt werden und eine sich entzündende Batterie eine Kettenreaktion ungeahnten Ausmaßes auslösen könnte.

Der VDE arbeitet aktiv an der Gestaltung künftiger Normen für Elektrofahrzeuge mit. So übernahm die vom VDE getragene DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE (VDE|DKE) die Federführung bei der Erstellung und Weiterentwicklung der Deutschen Normungsplanung für Elektromobilität. Die entstandene "Roadmap" liegt seit Februar 2012 in einer überarbeiteten Version vor, die über das Thema Sicherheit hinaus auch Standards für die Lade-Infrastruktur und die Einbindung von Elektrofahrzeugen in intelligente Stromnetze behandelt.

Nähere Informationen unter www.vde-institut.com.