2. Die Ergebnisse der - zugegeben reinen - Laborversuche des nationalen Schwedischen Straßen- und Verkehrsforschungsinstitutes VTI hätten einen Aufschrei zur Folge haben müssen. Im allerersten Vortrag des Kongresses führte ein Mediziner verständlich aus, dass die Partikel umso gefährlicher werden, je kleiner sie sind. Kleinste Partikel sind allerdings nicht ganz einfach zu messen. Zudem scheint sich nach den Ergebnissen des VTI ein Effekt zu zeigen, dass die Bindung größerer Partikel (PM10) dazu führt, dass Ultrafeine Partikel in Größenordnungen bis einen Mikrometer keinen größeren Partikel mehr finden, an dem sie sich anheften können. Man kann es also so verstehen, dass die groben Partikel zwar wirksam aus dem Gemisch heraus gewaschen werden, dafür jedoch der Anteil der gefährlichen Ultrafeinen Partikel signifikant ansteigt. 

3. Zu denken gibt mir persönlich auch die Diplomarbeit von Wolfgang Kiselka, der etwas sehr wichtiges auf den Punkt brachte, ohne es schönzureden: Die Kosten-Nutzen-Analyse für eine Feinstaubmaßnahme lässt sehr viel Interpretations- und auch Steuerungsspielraum zu. Herr Kiselka berief sich auf anerkannte Standardwerte, die er selbst aus ethischen Gründen nicht unbedingt als "glücklich" empfand. Über diese Werte wie beispielsweise den Ausdruck eines zusätzlichen Jahres an Lebenserwartung in Euro-Beträgen kann man auf jedem Fall trefflich streiten und man kann das Ergebnis der Analyse mit unterschiedlichen Bewertungen allein dieses Parameters erheblich beeinflussen.

4. Eine - durchaus sehr engagierte - Politikerin stellte sich der Frage, warum die Mühlen von Politik und Verwaltung so langsam mahlen und dann oft kein brauchbares Ergebnis zustande bringen: Allein das Thema Energie ist über verschiedene Referate aufgeteilt und jedes Referat hat eigene Prioritäten und so sind Politiker stets irgendwie "Bittsteller bei ihren Kollegen" (anm.: dies ist meine Interpretation). Wer einmal versucht hat, einen einfachen Bauantrag zu stellen, der kann sich also vorstellen, welches Gerenne und hinterher Telefonieren heute in den Verwaltungen allein für die Durchsetzung einer klar umrissenen Maßnahme darstellen muss. Am Ende wird dann meist der klare Umriss wegdiskutiert und durch einen "demokratischen Kompromiss" ersetzt. So wird in vielen Fällen - und das gilt für wirklich JEDE politische Instanz und Verwaltung in ganz Europa - administrativer Sondermüll produziert. Ich beantrage hierzu eine eindeutige Kennzeichnungspflicht. In der Tat schließt sich nun wieder der Kreis zur Sanduhr im Kongresssaal, denn diese "grüne Sanduhr" (viel schöner als der "Grüne Punkt" und leider auch wesentlich deutlicher in der Aussage) steht für die vergeudete Zeit.

Positiv nehme ich mit von diesem Kongress, DASS etwas getan wird, auch wenn es manchmal diskussionswürdig erscheinen mag, weil drumherum ein Gesamtkonzept fehlt. Ohne Systemdenken wird es weder in der Feinstaubfrage noch in der Energie- und Verkehrspolitik echte Erfolge geben. Die Kongressteilnehmer schienen durch die Bank zu diesem Systemdenken bereit zu sein und insbesondere der Organisator, Dr. Hafner von der Kärntner Landesregierung ist auf nahezu jeder Veranstaltung in exponierter Funktion zu finden.

Positiv nehme ich ebenso mit, dass die oben genannten Problempunkte durchaus offen diskutiert und keinesfalls vom Tisch gefegt wurden. Die Kongressteilnehmer haben eine Vision, wie einst Martin Luther King - "I have a dream!"

Somit nehme ich auch etwas Optimismus mit von der Veranstaltung, dass es zumindest jemanden geben wird, der heimlich, still und leise die Sanduhr noch einmal umdreht und sich mit dem Gesamtproblem auseinander setzt, wobei das Feinstaubthema nur ein kleiner (wenngleich auch wichtiger) Teil des Ganzen ist.

Am Ende muss etwas sehr komplexes herauskommen, was folgende Dinge umfasst: 

  • * Saubere Luft zum Atmen und damit weniger astmatische Krankheitsfälle sowie weniger Allergien,
  • * Eine für jedermann akzeptable, bezahlbare und die persönliche Freiheit bewahrende Mobilität, die nur aus einem Mix mehrerer Ansätze realistisch sein wird. Elektromobilität hat hier eine besondere Bedeutung.
  • * Der Erhalt der ländlichen Wohnsiedlungen und die Vermeidung von Geisterstädten (Wer will denn wirklich eng auf eng ausschließlich in der Stadt leben?
  • * Autarke Energieversorgung aus regenrativen Quellen (wozu ich auch die Beteiligung an überschaubaren Gemeinschaftsanlagen wie Fernheizungen zähle).
  • * Innovative Gesamtkonzepte für überregionale Energieinfrastrukturen (hier lieferten die Energytalks 2012 in Ossiach gute Ansätze bei Hybridnetzen)
  • * Mehr Fairness der Arbeitgeber: Es sollte langsam als unanständig geächtet werden, stets nur auf die Gewinnmaximierung zu achten. Arbeitskraft muss einen fairen Preis haben und wer in einem Land verkaufen will, sollte auch in diesem Land zur Stärkung der Kaufkraft beitragen. Dadurch ist dann auch bei den Menschen das Geld vorhanden, um sich selbst durch Anschaffung eines Elektroautos oder durch Modernisierung des Hauses an einer Energieinnovation zu beteiligen.
  • * Last, but not least: Das Thema "Telearbeit wurde vor rund 15 Jahren noch mit dem Argument mangelnder Bandbreite vom Tisch gefegt. Ein Telearbeitsplatz erzeugt keinen Feinstaub (den Abrieb der Maus kann man gewiss als vernachlässigbar ansehen). Das vermeidet Straßenverkehr, bringt individuelle Zeit für die Familie (vielleicht damit ja auch wieder Bevölkerungswachstum?) und spart einem Unternehmen als Arbeitgeber auch noch Geld. Nur eine Bitte: Schaut zuerst auf die heimischen Bewerber. Es gibt ausreichend Akademiker, die in Würstchenbuden arbeiten. Wir brauchen also keine "Greencard", wenn wir unsere Fachkräfte wieder etwas besser Fortbilden (damit ist nicht die Chance gemeint, sich für fünfstellige Beträge in eigener Regie zu bilden, denn dies ist den meisten Menschen kaum noch möglich.

Mehr zum Feinstaubkongress auf der Seite des Veranstalters: www.feinstaubfrei.at